Wirtschaft fordert Verdoppelung der geplanten Steuerreduktion für Familien und Fachkräften
22.10.2024
Die Dachorganisationen der Wirtschaft Graubünden (DWGR) begrüssen ausdrücklich die Bestrebungen des Kantons, die steuerliche Attraktivität für Familien und Erwerbstätige zu verbessern. Es sollen mindestens 40 Millionen des Eigenkapitals pro Jahr für gezielte Steuerreduktionen im Sinne des Auftrags Hohl eingesetzt werden. Die Kinderabzüge sollen stärker als geplant erhöht werden und von einer Anpassung der Steuerfreigrenze ist abzusehen. Dafür sollen andere Massnahmen geprüft und ergriffen werden.
Die DWGR haben im Rahmen der Vernehmlassung zur Teilrevision des Steuergesetzes erklärt, dass die Vorlage das Ziel des Auftrags Hohl «Steuerentlastung für Familien und Fachkräfte» nur teilweise erreicht. Die Wirtschaftsverbände erwarten, dass der Kanton die steuerlichen Möglichkeiten nutzt, um Familien und Fachkräfte aus anderen Kantonen anzuziehen und um das Erwerbspotenzial in Graubünden besser auszuschöpfen. Steuerentlastungen für Arbeitnehmer sind aufgrund der demografischen Entwicklung auch aus wirtschaftspolitischer Sicht angezeigt.
Spitzenposition im Steuerwettbewerb anstreben
Die Schwerpunkte der Revision sollen so gesetzt werden, dass für ausgewählte Bereiche wie den Kinder- und Drittbetreuungsabzügen sowie der Steuerbelastung für Zweitverdienerehepaare eine Spitzenstellung des Kantons Graubünden im schweizweiten Vergleich erreicht werden kann. Nach Ansicht der DWGR soll die vorliegende Teilrevision des Steuergesetzes dazu führen, dass der Kanton Graubünden bei den Kinderabzügen schweizweit den Spitzenplatz einnimmt. Vor diesem Hintergrund und mit dem Ziel der genannten Schwerpunktsetzung, lehnen die DWGR die vorgeschlagene Erhöhung der Freigrenze beim Einkommenssteuersatz ab. Mit der erfolgten Steuerfussreduktion 2023 wurde eine allgemeine Steuerrektion, von welcher sämtliche Steuerpflichtigen profitieren, bereits umgesetzt.
Grosse Zunahme der Steuererträge bei Gemeinden und Kanton
Das Volumen der vorgeschlagenen Steuerentlastung fällt angesichts des frei verfügbaren Kapitals des Kantons sowie der gemäss Auftrag Hohl angestrebten Wirkung zu tief aus. Die DWGR beantragen, im Rahmen der Vernehmlassung entsprechend, die kantonale Steuerentlastung im Rahmen der vorliegenden Teilrevision zumindest auf das Doppelte zu veranschlagen, nämlich von 20 Millionen auf zumindest 40 Millionen. Aus finanzpolitischer Sicht ist diese Forderung vertretbar. Einerseits verfügt der Kanton über fast 2 Milliarden frei verfügbares Kapital und andererseits die Steuereinnahmen des Kantons und Gemeinden haben in den letzten Jahren spürbar zugenommen. Die Zunahme der Steuereinnahmen beruht auch auf dem stetig ansteigende Steuersubstrat beim Einkommen von natürlichen Personen in Graubünden - dieser hat seit 2020 um 15% zugenommen. Die Steuererträge sind seit 2003 beim Kanton um 53% und bei den Bündner Gemeinden sogar um insgesamt 63% gewachsen. Entsprechend sind ein Grossteil der Gemeinden finanziell gut aufgestellt. 2022 sank der durchschnittliche Steuerfuss der Bündner Gemeinden erstmals unter 90 Prozent, bei weiterhin steigenden Fiskalerträgen. So erzielten 89 von 101 Bündner Gemeinden im Jahr 2022 einen Ertragsüberschuss aus der Erfolgsrechnung.
Steuerreduktion finanziell verkraftbar
Wenn man die Steuerrevisionen der letzten 20 Jahre betrachtet, zeigt sich, dass die Steuerreduktionen mittelfristig zu einer Erhöhung der Steuereinnahmen geführt haben. Auch bei der vorliegenden Steuerreduktion ist daher davon auszugehen, dass diese einen positiven Effekt sowohl auf Zuzüger wie auch Steuersubstrat haben. Das für das Jahr 2025 publizierte Budget und Finanzplan zeigen auf, dass der Kanton mittelfristig ein Ausgabenproblem hat und nicht ein Einnahmeproblem. Mit den finanzpolitischen Richtwerten stehen dem Kanton Graubünden nach Ansicht der DWGR jedoch das nötige Instrumentarium für die Wahrung eines ausgeglichenen Haushalts zur Verfügung. Dabei kommt der Einhaltung der kantonalen Statusquote einer zentralen Bedeutung zu. Gemäss Beschluss des Grossen Rats ist diese langfristig stabil zu halten und nach Möglichkeit zu senken. Entsprechend sind auch höhere kurzfristige Einbussen bei der Steuererträgen finanzpolitisch zu vertreten.
Spielräume nutzen und weitere Massnahmen prüfen
Neben der Ablehnung der Erhöhung der Freigrenze beim Einkommenssteuersatz und einer deutlichen Erhöhung der Kinderabzüge, sprechen sich die DWGR für eine Erhöhung der Drittbetreuungsabzügen sowie einer Senkung der Steuerbelastung für Zweitverdienerehepaare aus. Weiter beantragen die DWGR die Prüfung der Anpassung der Progressionskurve, um steuerliche Anreize für Fachkräfte zu setzen und den Mittelstand steuerlich zu entlasten. Letztlich soll eine eingehende kantonsübergreifende Prüfung von weiteren Massnahmen und Instrumenten stattfinden. Der derzeitige Revisionsentwurf des Steuergesetzes des Kantons Wallis enthält beispielsweise einen Abzug bei Erwerbstätigkeit von Personen in der AHV. Es ist daher nicht ersichtlich, wieso dies für Graubünden nicht möglich sein soll. Die DWGR vertreten klar die Auffassung, dass die Steuerpolitik ein wichtiger Hebel darstellt, um den Arbeitskräftemangel zu beheben, indem die richtigen Anreize zur Steigerung der Erwerbsarbeit gesetzt werden.
Vollständigen Vernehmlassungsantwort folgt