Holz – ein High-Tech-Produkt mit Tradition

Graubünden ist der grösste Wald- und Holzkanton der Schweiz. Der uralte Baustoff gewinnt seit der Jahrtausendwende wieder zunehmend an Bedeutung. In Zukunft soll Bündner Holz wieder vermehrt im Kanton zu Holzprodukten veredelt werden, damit die regionale Wertschöpfung der Branche gesteigert werden kann.

Sg. Die Holzbranchen umfassen die Berufe des Försters, der Sägereien und Holzverarbeitung sowie des Holzbaus und der Schreiner. Diese vier Bereiche sind auch als einzelne Branchen organisiert. In Graubünden sind sie über Graubünden Holz zusammengeschlossen. Zusammen arbeiten rund 2500 Menschen in 600 Betrieben in diesen vier Holzbranchen.

Eines der ältesten Handwerke Holz ist eines der ältesten Baumaterialien der Menschheit und die Holzarbeit somit eines der ältesten Gewerbe. Aus der Jungsteinzeit bis in die Bronzezeit sind Überreste von Pfahlbauten erhalten, die eine frühe Holzbaukultur dokumentieren. Der Baustoff wurde beim Roden der Wälder für Ackerflächen gewonnen und ermöglichte die Besiedelung. In Nord- und Mitteleuropa blieb Holz bis in die Neuzeit der wichtigste Baustoff. Diese Holzbaukunst kann in Graubünden heute noch in den ursprünglichen Walser-Siedlungen und in den Dörfern, beispielsweise im Safiental und im Prättigau bestaunt werden. Ab dem 19. Jahrhundert wurden die traditionellen Holzbauten insbesondere in den Städten zunehmend durch Mauerwerksbauten ersetzt. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war Holz in Mitteleuropa weitgehend als Material für moderne Gebäudetragwerke verschwunden. Auch in Graubünden hat die Bedeutung des Holzbaus abgenommen. Sie hatte jedoch immer eine relativ grosse Bedeutung.

Revival des Holzbaus
Seit der Jahrtausendwende erlebt dieser uralte Baustoff jedoch ein erstaunliches Revival, denn die Vorteile von Holz gewinnen zunehmend an Bedeutung. Inzwischen prägen Hybridkonstruktionen aus unterschiedlichen Holzwerkstoffen oder Kombinationen von Holz mit anderen Baustoffen, wie Beton und Stahl, das alltägliche Bauen. Holz ist beim Bau vielseitig und effizient einsetzbar und wird sogar im Tiefbau bei Brückenkonstruktionen eingesetzt. «Die Vorteile sind insbesondere die fertige Vorbereitung der Holzelemente, die Schnelligkeit beim Einbau und keine Trocknungszeiten, wie bei Beton», wie Philipp Bosshard, Präsident von Holzbau Schweiz Graubünden (HBS GR) erklärt. Holz hat im Verhältnis zu Gewicht, Bearbeitung, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Regionalität ganz klar Vorteile gegenüber anderen Rohstoffen für den Bau. Bei der Produktion gibt es fast keine Einschränkungen mehr. Vollautomatisierte Produktionsstrassen für Holzelemente umfassen heute neben CNC-Maschinen auch Roboter. Beim Planen sind 3D-Zeichnungen Standard. Auch Hochhäuser aus Holz werden gebaut. In Zug wird 2024 das höchste Holzhaus der Schweiz gebaut, welches mit 27 Geschossen 80 Meter hoch sein wird.

Von Bauernmöbeln und Bündnerstuben
Holz war und ist in Graubünden jedoch auch der Rohstoff für Möbel und den Innenausbau. Früher wurden Möbelstücke hauptsächlich zum Lagern von Lebensmitteln und Waren hergestellt. Vielfach wurden diese mit Verzierungen und Schnitzereien verarbeitet. Die Bauernmöbel und die Bündnerstuben sind Klassiker und werden immer wieder in modernen Ausführungen von Innenverkleidungen und Möbeln aufgenommen. Elemente des Bündner Kreuzstichs sind auch in Möbeln anzutreffen. Einheimische Arven, Lärchen, Fichten und der Bergahorn wurden hauptsächlich zu Möbelstücken verarbeitet. In den letzten 50 Jahren wurden viele Holzfaserplatten mit unterschiedlichen Oberschichten im Möbelbau verarbeitet. In der Verarbeitung und Funktionalität haben diese Holzprodukte zahlreiche Vorteile, zudem sind sie günstiger als Vollholz. Schränke wurden früher eingebaut – heute sind flexible Möbelstücke aus verschiedensten Materialien gefragt und oft steht auch das Design bei der Auswahl von Möbeln im Vordergrund. «Der Trend zur Regionalität, Nachhaltigkeit und zu einheimischem Holz für Möbelelemente ist wieder vermehrt spürbar», erklärt Barbara Schuler-Rozzi, Präsidentin VSSM Graubünden. So wird für Möbel und im Innenausbau wieder vermehrt Vollholz nachgefragt.

Vielfältige Holz-Berufe auch für Frauen
In Graubünden können die verschiedensten Holz-Berufe erlernt werden: Holzbearbeiter/in EBA Werk und Bau, Schreiner/in EFZ Bau/Fenster, -Möbel/Innenausbau, Schreinerpraktiker/in EBA Fensterbau, -Schreinerei, Zimmermann/Zimmerin EFZ, Forstwart/in EFZ. Zudem gibt es zahlreiche Weiterbildungen in der höheren Berufsbildung. Was die Holz-Berufe besonders attraktiv macht, sind laut Philipp Bosshard, Präsident HBS GR, die guten  Arbeitsbedingungen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. «Die Berufe sind auch für Quereinsteiger/innen interessant, denn je mehr neue Technologien zum Zug kommen, desto mehr technisch-affine Menschen lassen sich für die Berufe begeistern.» Wie die Präsidentin VSSM GR Barbara Schuler-Rozzi betont, ist die Arbeit mit Holz «berührend». «Man spürt die lebendige Wärme des Rohmaterials, kann es verändern und hat am Schluss ein tolles Produkt in einer anderen Form – langlebig und nachhaltig.» Der Fachkräftemangel ist ein Thema, jedoch nicht so akut wie in anderen Branchen. Die Anzahl Lernende sei stagnierend bis sinkend, wie Jürg Gasser, Geschäftsführer VSSM Graubünden, ausführt. «Der Mangel entsteht auch dadurch, dass zahlreiche Berufsleute sich nach ein paar Jahren im Beruf weiterbilden und -entwickeln und Nachwuchs wieder gefunden werden muss.» Am schwierigsten sei es, Führungspersonen auf dem Bau zu finden, weil Druck und Belastung stark zugenommen haben.

Bildquelle: VSSM LIGNUM

Bedeutung der Holz-Branche für Graubünden

Bündner Gewerbe: Welche Bedeutung hat die Holz-Branche in Graubünden?
Marcel Lerch, Geschäftsführer Graubünden Holz: In der «Bündner Holzkette», welche Forstbetriebe, Sägereien, Holzbaubetriebe und Schreinereien umfasst, arbeiten 2500 Mitarbeiter/innen in 600 Betrieben. Graubünden ist mit 209 800 Hektaren der grösste Wald- und Holzkanton in der Schweiz. Der Holzvorrat beträgt rund 53.8 Mio. m³ und davon werden jährlich über 400 000 m³ Holz nachhaltig genutzt. Das entspricht jährlich ca. 16 000 LKW-Anhängerzüge an Holz, welches zwar in Graubünden geschlagen wird, zu 90 Prozent jedoch ausserhalb des Kantons verarbeitet wird. Dadurch entgehen dem Kanton jährlich über 40 Millionen an eigener Wertschöpfung.

Welche Zukunft hat der Werkstoff Holz?
Da Holz CO² bindet, wird die Bedeutung des Holzes als Bau- und Werkstoff in Zukunft zunehmen. Holz zu verbauen sind negative Emissionen. Um dieses Verständnis zu wecken, braucht es Aufklärung und Information innerhalb der gesamten Wald- und Holzbranche, aber auch an die Politik und an die Bevölkerung.

Wie sieht es beim Holzbau aus?
Der Holzbau in der Schweiz boomt und die Nachfrage steigt. Holzbauten haben in den Städten Einzug gehalten und sind aus der aktuellen Baukultur nicht mehr wegzudenken. Die Eigenschaften des Holzes erlauben es, Siedlungen nachhaltig weiterzuentwickeln und zu verdichten. Der «Flaschenhals» in der «Holzkette» ist die fehlende Sägeindustrie und die zweite Weiterverarbeitung des Rohstoffes Holz in der Schweiz.

Die Grosssägerei in Graubünden ist gescheitert. Gibt es aus Ihrer Sicht andere Möglichkeiten?
Ziel ist es, in naher Zukunft im Kanton Graubünden dezentral drei hochmoderne Blockbandsägewerke zu erstellen, welche unseren Bündner Rohstoff Holz schneiden. Anschliessend soll das Holz an einem zentralen Ort in Graubünden zu einem hochwertigen Holzprodukt weiter veredelt werden. Diese Vision würde unsere Ressource Holz in die regionale
Wertschöpfung umwandeln und die Holzkette in Graubünden merklich verbessern


Die Holzbranche in Graubünden


Graubünden Holz
Graubünden Holz ist die Dachorganisa tion der Bündner Wald- und Holzwirtschaft, die alle am Bündner Holz Interessierten vereint: Verbände, Unternehmen, Institutionen und Persönlichkeiten aus der Wald- und Holzwirtschaft, Forschung, Ausbildung und Politik. Die Dachorganisation setzt sich für den heimischen Bau- und Rohstoff Holz und für die Holzwirtschaft ein. Weitere Infos: www.graubuendenholz.ch

Über den Verband VSSM Graubünden
Der Schreinerverband wurde 1999 aus vier regionalen Sektionen gegründet. Die 125 Mitglieder beschäftigen fast 1500 Mitarbeitende. Die durchschnittliche Unternehmensgrösse beträgt 11.5 Mitarbeitende. Weitere Infos: www.vssm-gr.ch

Über den Verband Holzbau Sektion Graubünden
Der Verband der Holzbauer (früher Zimmereien) wurde 1942 gegründet und umfasst 54 Mitglieder, welche durchschnittlich 11 Mitarbeitende beschäftigen. Einige Mitgliedsbetriebe sind teilweise auch Mitglied des VSSM, da sie eine Schreinerei und Zimmerei zusammenführen. Weitere Infos: www.holzbau-schweiz.ch

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