Bündner Unternehmensführung in der Praxis

 

Der Begriff «Unternehmensführung» beinhaltet die verschiedenen Ebenen der Führung, Lenkung und Gestaltung in einem Unternehmen. Dabei stehen drei Fragen im Vordergrund: Wer führt? Wodurch wird geführt? Wie wird geführt? Dabei ist immer die Zielsetzung des Unternehmens vor Augen zu halten. Wenn man nicht weiss, wohin man steuert, kann das Ziel auch nicht erreicht werden. Unternehmensführung ist und bleibt die Hauptaufgabe einer Unternehmerin bzw. eines Unternehmers. Es gibt jedoch nicht richtige oder falsche Unternehmensführung, sondern verschiedene Arten. Wir haben bei zehn Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Kanton Graubünden nachgefragt, was gute Unternehmensführung für sie bedeutet.

Ein Balanceakt mit Weitblick

Eine erfolgreiche Unternehmensführung basiert aus meiner Sicht auf drei zentralen Säulen: klare Werte, ein starkes Team und vorausschauendes Handeln. Als Geschäftsführer eines KMU mit Wurzeln in Graubünden führe ich das Unternehmen gemeinsam mit meiner Frau. Zusammen bündeln wir unsere Stärken, um genau diese Werte zu leben und umzusetzen. Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Respekt sind die Grundlagen für nachhaltiges Vertrauen – sowohl intern als auch extern. Die Mitarbeitenden sind das Herzstück fast jedes Unternehmens. Sie verdienen Wertschätzung und Förderung, aber auch klare Leitlinien. Nur mit einem motivierten Team, das sich mit den Zielen des Unternehmens identifiziert, können Herausforderungen gemeistert und Innovationen vorangetrieben werden. Der dritte entscheidende Punkt ist die Fähigkeit, Entscheidungen mit Weitblick zu treffen. Gerade in unsicheren Zeiten ist es essenziell, Chancen und Risiken strategisch abzuwägen und flexibel zu reagieren. Ein gutes KMU muss heute Tradition und Innovation vereinen, um erfolgreich zu bleiben. Unternehmensführung bedeutet also mehr als nur Zahlen und Prozesse. Es ist die Kunst, Menschen zu verbinden, Visionen zu schaffen und dabei niemals die Bodenhaftung zu verlieren – gemeinsam als Team und als Familie.

Jan Koch, Geschäftsleitung Luzi Gerüste AG, Cazis

Jede Herausforderung betrachte ich als Chance

Ich würde meinen Führungsstil als situativ beschreiben, da ich ihn flexibel an die jeweilige Situation und die individuellen Bedürfnisse meiner Mitarbeitenden anpasse. Für mich gibt es keinen universellen Führungsstil, denn jede und jeder Mitarbeitende ist einzigartig. Eine klare Vision, die alle Mitarbeitenden motiviert und begeistert, ist für mich von grosser Bedeutung. Die Mitarbeitenden sind das Herzstück eines jeden Hotels. Ihre Zufriedenheit und ihre Identifikation mit dem Unternehmen wirken sich direkt auf eine positive Gästeerfahrung aus. Neben Motivation sind Flexibilität und Innovationsbereitschaft für mich essenzielle Eigenschaften, besonders in einer Branche, die ständigen Veränderungen unterworfen ist – sei es durch technologische Entwicklungen, neue Gästewünsche oder globale Trends. Es ist mir wichtig, mich kontinuierlich an diese neuen Gegebenheiten anzupassen und kreative Massnahmen zu ergreifen. Ob die Einführung eines neuen digitalen Tools oder die Optimierung von Prozessen im Hinblick auf Nachhaltigkeit – ich strebe stets nach Verbesserung, Vereinfachung und Innovation. Jede Herausforderung betrachte ich als Chance, gemeinsam mit meinem Team Lösungen zu finden. So entwickle ich mich bewusst immer weiter – und mein Team ebenso. Unsere Erfolge sind das Resultat einer engen Zusammenarbeit und einer gemeinsamen Vision.

Stephanie Kern, Direktorin «LA VAL» Hotel & Spa, Brigels

Führen heisst stärken: Talente fördern, Energie lenken

Erfolgreiche Unternehmensführung bedeutet heute weit mehr, als nur Ziele zu setzen und Ergebnisse zu kontrollieren. Im Mittelpunkt steht der Mensch – mit all seinen individuellen Stärken und Fähigkeiten. Eine moderne Führungskraft erkennt diese Unterschiede, setzt Mitarbeiter/innen dort ein, wo sie ihre Talente am besten entfalten können, und schafft damit ein Umfeld, das motiviert und inspiriert. Vertrauen spielt dabei eine Schlüsselrolle: Vertrauen in die Fähigkeiten des Teams und in deren Eigenverantwortung. Wirkungsvolle Führung bedeutet, die Energie aller im Unternehmen auf ein gemeinsames Ziel zu lenken. Es geht darum, diese Energie auf Handlungen auszurichten, die einen klaren, gewünschten Zustand in der Zukunft schaffen. Gleichzeitig ist es entscheidend, die Kraft der Mitarbeitenden nicht zu erschöpfen, sondern langfristig zu stärken und zu erhalten. Moderne Führung ist situativ, empathisch und flexibel. Sie orientiert sich an den Menschen und ihren Bedürfnissen, ohne dabei die Unternehmensziele aus den Augen zu verlieren. Wenn es gelingt, jede und jeden im Team am richtigen Platz einzusetzen und die gemeinsame Energie nachhaltig zu nutzen, entsteht ein Arbeitsumfeld, in dem Wachstum, Erfolg und Zufriedenheit Hand in Hand gehen.

Andreas Zindel, CEO Zindel United, Maienfeld

Unternehmensführung + Leadership = das Erfolgsduo

Unternehmensführung bildet das Fun­da­ment mit der Schaffung der erforder­lichen Betriebs- und Controlling-­Struk­turen, dem Definieren und laufenden Optimieren von Prozessen sowie einem effizienten Ressourcen- und Personalmanagement. Es ist für mich das Handwerk in der Leitung und Steuerung eines Unternehmens. Diese Werkzeuge allein reichen nicht, um erfolgreich zu sein. Erfolgreiche Führungskräfte bringen «Leadership» mit. Sie setzen sich mit verschiedenen Fragestellungen rund um die Art des Führens auseinander. Geprägt durch die Erfahrungen im Berufsalltag und die persönliche Reflektion entwickelt sich die eigene Persönlichkeit und das Führungsverhalten. Entscheide ich überlegt, mutig und mit Weitblick? Welche Unternehmensvisionen möchte ich anstreben? Wie will ich führen? Ist meine Kommunikation adressaten- und situationsgerecht? Lebe ich die definierten Werte im Unternehmen vor? Gebe ich meinen Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich zu entwickeln und können sie mitgestalten? Wie schaffe ich es, meine Motivation auf die Mitarbeitenden zu übertragen. Unternehmensführung und Leadership sind für mich das Erfolgsduo in der Führung eines Unternehmens.

Roman Stäbler, Partner und Standortleiter Curvér AG, Savognin/Thusis

Realistische Ziele, ­Vertrauen und ein feiner Kaffee . . .

Eine gute Führung des Unternehmens ist für mich nur möglich, wenn alle am gleichen Strang ziehen. Die Motivation der Mitarbeitenden stets zu erfrischen und mit neuen Projekten, modernen Anlagen und realistischen Zielen in eine Richtung zu lenken, sind grundlegende Pfeiler, die eine Führung ungemein erleichtern und die Firma voranbringen. Hinzu kommt, dass ich das Glück habe, in einem Segment arbeiten zu dürfen, das durch emotionale Werte weitergegeben werden kann. Unser Produkt Kaffee verbindet. Nicht nur uns mit unseren ­Kunden, sondern auch die Geschäftsführung mit den Mitarbeiter/innen. Während der Kaffeepause tauschen wir uns aus, auch über nicht geschäftliche Dinge, unsere Hobbys, unseren Alltag, unsere Belastungen, unsere Werte. Wir öffnen uns, was es mir auch ermöglicht, mich in die Mitarbeiter/innen hineinzuversetzen, die Stimmung zu werten und Verständnis zu schaffen. Und durch Verständnis können lösungsorientierte Vorschläge entstehen, die wiederum die Führung eines Unternehmens stützen und lenken. Vertrauen und Wertschätzung füreinander ist für mich persönlich ein unerlässlicher und wichtiger Faktor in der Unternehmensführung.

Sabina Cloesters, Geschäfts­führerin Cafè Badilatti, Zuoz

Stärkenfokussierte ­Führung

Erfolgreiche Mitarbeitende suchen sich aus, für welche Unternehmen und für welche Vorgesetzten sie arbeiten möchten. Sie brauchen nicht Chefs, die ihnen sagen, was sie zu tun haben. Sie brauchen ein Umfeld, in dem sie ihre Fähigkeiten zum Tragen bringen können. Darum verstehe ich Führung als Aufgabe, Mitarbeitende dabei zu unterstützen, sich auf ihre Stärken fokussieren zu können. Die wesentliche Grundlage für die Führungsarbeit bildet ein starkes Wertegerüst, welches intern wie extern Orientierungshilfe gibt. Bei miaEngiadina sind Offenheit, Flexibilität, Verbindlichkeit, Respekt und Wertschätzung die zentralen Pfeiler der Unternehmenskultur. Die wohl wichtigste Führungsaufgabe besteht aber in der Zielformulierung. Unternehmen sollten sich zunehmend Gedanken darüber machen, wie sie unsere Gesellschaft und unsere Umwelt nachhaltig positiv beeinflussen können. Idealerweise stehen diese Ziele somit im Kontext einer Vision, welche sinngebend ist und Mitarbeitende motiviert, sich mit all ihren Fähigkeiten dafür einzusetzen. Zu guter Letzt verstehe ich Führung als Teamaufgabe. Nur wenn die Führungs­arbeit auf mehrere Schultern verteilt ist und die Entscheide in intensiven Diskussionen vorbereitet werden, ist das nötige Verständnis für die Zusammenhänge möglich.

Jon Erni, Gründer miaEngiadina, Scuol

Die Kunst, Menschen zu inspirieren, ihr Bestes zu geben

Leadership ist mehr als gute Führung. Es geht darum, Menschen zu befähigen, ihr Potenzial auszuschöpfen und sie zu inspirieren, ihr Bestes zu geben. Mitarbeitende sind die wertvollste Ressource eines Unternehmens. Es liegt in der Verantwortung eines Leaders, dies zu erkennen und sie bestmöglich zu unterstützen. Mitarbeitende geben ihr Bestes nicht wegen der Position oder des Titels ihrer Führungsperson, sondern weil sie an diese Person glauben, von ihrem Verhalten und ihrer Visionen begeistert sind und hinter ihr stehen. Ein Leader schafft eine Kultur der Wertschätzung und des Respekts, die in der Vielfalt anerkannt und geschätzt wird. Unabhängig von Alter, Geschlecht oder anderen Merkmalen. Es geht um die Bereitschaft, anderen zur Seite zu stehen, sie zu motivieren und Raum für Wachstum zu schaffen. Diese Haltung erfordert Menschlichkeit und die Fähigkeit, individuelle Stärken gezielt zu fördern. Leadership ist die Kunst, andere zu stärken, zu inspirieren und eine inklusive Arbeitskultur zu schaffen und damit einen wesentlichen Beitrag zu leisten, ein Unternehmen für die Zukunft zu stärken.

Dr. Gianina Viglino-Caviezel, Geschäftsführerin Hamilton Services AG und CFO Hamilton Medical AG und Hamilton Bonaduz AG

Ein Balanceakt zwischen Verantwortung und Werten

Die Führung eines Familienunternehmens erfordert ein ausgewogenes Zusammenspiel von Verantwortung, Vision und Werten. Für mich bedeutet diese Verantwortung in erster Linie, für die Menschen da zu sein: die Mitarbeitenden, die Kunden und alle Interessengruppen. Ein guter Leader muss Vertrauen schaffen, offen kommunizieren und das berufliche sowie persönliche Wachstum des Teams fördern, indem er ein Arbeitsumfeld schafft, das auf Respekt und Zusammenarbeit basiert. Unternehmensführung bedeutet auch, die Herausforderungen des Marktes frühzeitig zu erkennen, kontinuierlich zu innovieren und die notwendige Flexibilität zu bewahren, um sich in einer sich ständig wandelnden Welt zu behaupten. Strategische Planung ist dabei unerlässlich, ebenso wie die Fähigkeit, Veränderungen zu verstehen und mit Weitblick und Entschlossenheit darauf zu reagieren. Ein zentraler Pfeiler ist die Nachhaltigkeit, die ich in all ihren Facetten sehe: ökologisch, wirtschaftlich und sozial. Hinzu kommt ein für mich unverzichtbarer Wert – die ethische Verantwortung. Jede Entscheidung sollte auf soliden Prinzipien basieren und einer Vision des Gemeinwohls folgen, universelle Werte respektieren und aktiv zu einer besseren Zukunft beitragen. Ich bin überzeugt, dass es kein universelles Führungsmodell gibt. Jeder Kontext, jede Kultur und jede Unternehmensgrösse erfordern spezifische Strategien und ­Ansätze, die auf die jeweiligen Gegeben­heiten zugeschnitten sind. Die Heraus-forderung besteht darin, immer die bestmögliche Lösunge zu finden, um exzellente Ergebnisse zu erzielen – ohne jemals die menschlichen Werte aus den Augen zu verlieren, die das Herzstück jeder Organisation bilden.

Giovanni Polti, Geschäftsführer und Miteigentümer Alfredo Polti SA, Calanca-Arvigo

Motivierte Mitarbeitende wachsen an der Eigenverantwortung

Als Teil der Geschäftsleitung der Keller Laser AG stehe ich täglich vor der Herausforderung, das Unternehmen erfolgreich zu lenken und dabei die Menschen, die es ausmachen, in den Mittelpunkt zu stellen. Unser Betrieb ist familiengeführt, und ich teile die Geschäftsführung mit meiner Mutter Barbara Keller. Diese enge Zusammenarbeit erlaubt es uns, unterschiedliche Perspektiven einzubringen und die generationsunterschiedlichen Werte zusammenzubringen, was nicht immer einfach ist, aber zugleich eine Bereicherung darstellt. Unternehmensführung bedeutet für mich nicht nur Zahlen und Fakten, sondern vor allem Vertrauen, Respekt und Eigenverantwortung. Für mich ist Vertrauen der Schlüssel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Es zeigt sich darin, den Mitarbeitenden nicht nur die Freiheit zu geben, sondern auch die Fähigkeit zuzutrauen, in ihrem Fachbereich die besten Entscheidungen zu treffen. Dieses Vertrauen schafft den Raum für Offenheit, Zusammenarbeit und kreative Lösungen. Respekt ist für mich unverzichtbar für ein harmonisches Miteinander. Es bedeutet, die Meinungen, Hintergründe und Fähigkeiten jedes Einzelnen anzuerkennen und wertzuschätzen. Gleichzeitig fördere ich Eigenverantwortung, denn motivierte Mitarbeitende wachsen an Eigenverantwortung. Dabei geht es nicht nur um die Übernahme von Verantwortung, sondern auch um die Schaffung eines Umfelds, in dem Fehler als Chancen erkannt werden. Ein erfolgreiches Unternehmen lebt von den Ideen und der Leidenschaft seiner Mitarbeitenden. Meine Aufgabe sehe ich darin, die Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sie ihre Stärken entfalten können. Eine Unternehmenskultur entsteht durch klare Werte, konsequentes Handeln und die Einbindung jedes Einzelnen – ein Anspruch, der mich täglich aufs Neue herausfordert.

Stefanie Schwarz-Keller, Mitglied der Geschäftsleitung Keller Laser, Trimmis

Im und am Geschäft arbeiten

Einen Betrieb inhabergeführt, der 361 Tage im Jahr die Wünsche der Kunden und Gäste erfüllt, zusammen mit einem tollen Team zu führen, ist Berufung und Herausforderung zugleich. Berufung – innovative Kundenwünsche umzusetzen, weitblickend sein für neue Ideen und Trends, Menschen mögen, Mitdenker führen, fördern und motivieren, dies alles mit echtem Herzblut. Das Gespür haben für die Kundenwünsche und eine gute Zuhörerin sein für unsere Midenker/innen. Das ist für mich das Wichtigste in unserer gelebten Unternehmensführung in der Signer Bäckerei in Zizers. Vorbild kann ich nur sein, wenn ich authentisch und respektvoll meinen Mitmenschen gegenübertrete. Doch ohne Energie ginge dies alles nicht, und das ist die grosse Herausforderung. Wichtig ist es, dass man eine persönliche Energiequelle findet, wo man auftanken und sich auch regenerieren kann. Ich an meiner Stelle schöpfe Energie und Kraft durch meine Familie, in unseren wunderschönen Alpen, in der Natur und im Glauben. Im Ursprung haben wir gelernt auf unseren Körper zu hören. Wenn wir dies aktiv tun, nehmen wir uns und unsere Umgebung richtig war, können richtig entscheiden, hören die Alarmglocken in uns. Wir fühlen uns besser, sind top fit und können unseren Betrieb zusammen mit einem motivierten Team in die Zukunft führen.

Antonia Signer-Würms, Inhaberin Signer Bäckerei-Konditorei-Café, Zizers