Höhere Berufsbildung ist zentral für Nachfolge

Die höhere Berufsbildung vermittelt nicht nur fachliche Kompetenzen. Viele Weiterbildungen befähigen zur Führung eines Unternehmens. Entsprechend schafft sie die Basis, dass Unternehmen an kompetente Führungs- und Fachpersonen übergeben werden können. Stefan Eisenring, Direktor der ibW, erklärt die Möglichkeiten der höheren Berufsbildung.

In den höheren Fachschulen in Graubünden absolvieren pro Jahr rund 2000 Personen eine Aus- oder Weiterbildung. Rund 800 Personen davon machen einen Abschluss in der höheren Berufsbildung, sei dies eine Berufsprüfung oder höhere Fachprüfung oder ein Diplom auf dem Niveau Höhere Fachschule. Die Tendenz der Abschlüsse von Personen mit Wohnsitz im Kanton ist steigend. Zwischen 60 und 80 Personen aus Graubünden schliessen jährlich erfolgreich eine höhere Fachprüfung ab, welche zur Führung eines eigenständigen Unternehmens befähigt. «Der Grossteil dieser Personen dürfte früher oder später ein Unternehmen führen oder ein solches als Eigentümer übernehmen», so Stefan Eisenring, Direktor der ibW, der grössten höheren Fachschule in Graubünden.

Vom Meister zur Berufsprüfung
«Die Entwicklung von Berufsbildungseinrichtungen war von Anfang an eng mit der Entwicklung von Berufen verknüpft», führt Eisenring aus. Im Mittelalter bildeten sich nach und nach eine Vielzahl an Handwerksberufen und damit auch eine frühe Berufsbildung. Ein wichtiger Bestandteil der Zünfte war die Regelung der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Lehre konnte ein Geselle bei seinem Meister arbeiten und musste oft auf eine mehrjährige Wanderschaft gehen, um sich weiterzubilden. Die anschliessende Ernennung zum Meister durch die Zunft kann gemäss Eisenring mit der heutigen höheren Fachprüfung verglichen werden. Lange waren die Organisation und Steuerung der beruflichen Weiterbildung primär den Branchen bzw. Zünften überlassen. Mit dem konjunkturellen Aufschwung und dem entsprechenden Fachkräftemangel nach dem 2. Weltkrieg entstanden Fachschulen zur Durchführung von Weiterbildungskursen und Vorbereitungslehrgänge für Meisterprüfungen. «Mehr und mehr wurden die Inhalte der Meisterprüfungen mit Führungs- und Unternehmenswissen ergänzt», so Eisenring. So entstanden in den frühen Sechzigerjahren nebst den Meisterkursen auch die sogenannten Berufsprüfungen (Fachausweise) und die Höheren Fachschulen.

Ausbildung zum Unternehmer
Für Eisenring ist die höhere Berufsbildung darauf ausgerichtet, Absolvierende nach ihrer beruflichen Grundbildung auf Führungsaufgaben im fachlichen, persönlichen und unternehmensbezogenen Bereich vorzubereiten. Während die Berufsprüfungen (BP) den Fokus auf die Vertiefung und Erweiterung des Fachwissens legen würden, stellen die Höheren Fachprüfungen (HFP) die Personal- und Unternehmensführung ins Zentrum. Abgerundet würden diese Angebote durch Bildungsgänge auf dem Niveau Höhere Fachschule (HF und NDS HF), welche «Fach- und Führungswissen umfassend ausbilden und dies noch mit einem zusätzlichen Allgemeinwissen anreichern», so Eisenring. Das Thema Unternehmensnachfolge wird gemäss Eisenring in der Regel in sämtlichen Lehrgängen, welche sich mit Unternehmensführung befassen, behandelt, sodass die Studierenden auf die Übernahme oder eine Neugründung vorbereitet sind. «Insbesondere der Lehrgang Dipl. in Unternehmensführung NDS HF bietet sich als berufsübergreifende Weiterbildung für künftige Unternehmen an, oder solche, die ein Unternehmen übernommen haben und sich umfassend zum Thema Unternehmensführung weiterbilden möchten», so Eisenring. Der modulare Lehrgang behandelt Themen wie Leadership, Digitalisierung, strategische Unternehmensführung oder Veränderungsmanagement, die auch einzeln besucht werden können. Im Idealfall wird eine Ausbildung in der Unternehmensführung in einem Nachfolgeprozess integriert, sodass diese zeitlich auf die Übernahme des Unternehmens abgestimmt ist.

Höhere Berufsbildunguftrag

In der höheren Berufsbildung werden Qualifikationen vermittelt, die zum Ausüben einer anspruchs- und verantwortungsvollen Berufstätigkeit erforderlich sind. Es gibt zwei unter- schiedliche Formen: Eidgenössische Prüfungen (Berufs- und höhere Fachprüfung) und Lehrgangsdiplome der Höheren Fachschulen (HF oder NDS). Beide richten sich an Berufsleute, die ihre fachlichen Kenntnisse gezielt vertiefen möchten, eine Führungsfunktion oder die Übernahme einer Unternehmensleitung anstreben. Wie in der beruflichen Grundbildung wird auch bei der höheren Berufsbildung der theoretische Unterricht mit Berufspraxis kombiniert. Schweizweit gibt es 455 eidgenössische Berufsprüfungen BP (Fachausweis) und höhere Fachprüfungen HFP (Diplome) sowie 263 Lehrgänge HF und NDS. Die Inhalte der höheren Berufsbildung werden durch die Berufsverbände erarbeitet und weiterentwickelt.


zurück zur Übersicht